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Fastenpredigt 2023 Pfarrer Dirk Stoll

Traditionell hält Pfarrer Dirk Stoll kurz vor Aschermittwoch seine Fastenpredigt beim Ausklang der Gemeinschaft Kasseler Karnevalgesellschaften. Wir dokumentieren hier seine Rede in Wort und Text. Hier ist der Text als Download: FastenpredigtAbschluss23

Die letzten Orden sind verteilt

Und viele sind hierher geeilt,

um vielleicht doch noch abzuwenden,

daß der Karneval soll enden.

Närr*innen und Narre-n-außen,

hier im Saal oder auch draußen,

hört von diesem hohen Orte

wieder mal die mahnend Worte.

Denn es nahet – still und sacht –

Aschermittwoch heute Nacht.

Vorbei ist bald der Frohsinn nun.

Was also sollen Narr’n dann tun?

Immerhin drei Jahre lang

Kam der Karn’val nicht in Gang.

Zwar gab es manches Kreatives,

manches Gutes, manches Schiefes.

Beim „Hering über’n Gartenzaun“

konnt‘ man im Internet zuschaun.

Und als Erinnerung kam die

Bilder in die Galerie.

Doch Büttenreden, nur als Text,

die fand ich auch nur schön zunächst.

Doch fehlte mir dann da das Lachen,

fehlt auch, daß Redner Faxen machen.

Und endlich fehlte dann zu Haus‘

Auch noch ein fröhlicher Applaus.

Ohne Helau und ohn‘ Alaaf

Wirkte es wie im Winterschlaf.

Und auch der „Karneval im Sommer“

War letztlich nicht ganz der H“o“mmer.

Denn ohne prächtige Kostüme

Wirkt auch der Tanz nicht auf der Bühne.

Nein, so war es wieder schön

Alles wieder Live zu sehen.

Doch schon wieder tickt die Zeit:

Aschermittwoch ist nicht weit.

 

Gerüchte hört man in der Tat

Über Gerüche im Elferrat.

Nicht genug, daß Streit dabei,

warum man denn nicht weiblich sei,

jetzt wird auch noch drüber geklagt,

daß man dafür hat zugesagt:

Denn wir komm‘n ja nicht ins Schwitzen,

da wir nur an der Bühne sitzen.

Wenn uns „Gerüche“ ereilen,

so kann ich dazu wohl mitteilen:

Das ist der Angstschweiß von dem Mann,

der damals mit Schwung zur Bühne kam!

Schon 50 Jahre ist das her!

Und außerdem ist da noch mehr:

Vor uns schwitzen auch die Garden,

während wir sitzend müssen warten,

bis die Musik dann einsetzt.

Und natürlich auch zuletzt,

bis der Präsident es wagt

und dann endlich „Ausmarsch“ sagt!

Wir können nichts für diesen Duft,

wir kriegen oft nicht genug Luft.

Drum also kreidet uns nicht an,

wofür eben keiner etwas kann!

 

Wieder einmal war’s so weit :

„documenta fifteen-Zeit“

Viele würden wieder kommen,

der Besucherstrom wird brommen,

Als Mittelpunkt der Künste-Welt

Kassel sich wieder mal darstellt

Kuratoren aus allen Landen

Waren dazu auch vorhanden.

Doch kaum war es dann so weit,

wurden die Gesichter breit.

Nicht wie sonst war jetzt der Zweck:

„Ist das Kunst oder kann das weg?“

Diesmal lautet das Gesetze:

„Ist das Kunst oder nur Hetze?“

Doch das war gut, denn ganz apart

Hat’s uns Besuch von Scholz erspart.

Denn bis der sich in dieser Frag‘ besonnen,

sind 100 Tage längst verronnen.

Ja, Scholz und die Besonnenheit!

Da macht sich Zweifel wirklich breit.

Bis der einen Stahlhelm nur bestellt

In dieser kriegerischen Welt

Ist’s Sondervermögen unterdessen

Von Inflation längst aufgefressen.

Doch zurück zur Diskussion,

die wir da jetzt hatten schon:

Ja – Hetze darf es niemals sein,

selbst dann nicht, wenn sie wahrt den Schein.

Und das gilt dann für alle Seiten –

Das wird ja niemand je bestreiten.

Immer gilt: Schalt’s Gehirn erst an –

Und fang erst dann zu reden an.

Doch leider mußte man’s erleben,

wie manche ihre Stimm‘ erheben

und alles wird in Bausch und Bogen

als Rassismus in den Schmutz gezogen.

So wird mit Generalverdacht

Gleich alles erst mal schlecht gemacht,

um dann Rosinen auszuklauben

das heißt: Die documenta rauben.

Jetzt, wo sie international

Als lumbung stattfand dieses Mal,

konnten doch viele zeigen Kunst,

erwerben sich der Menschheit Gunst.

Richtig ist, daß nicht alte weiße Männer

Allein nur stellen die Kunstkenner.

Doch schwieriger wird die Geschicht,

wenn alte weiße Frauen sagen, wo Kunst sein darf und wo nicht!

documenta gehört nach Kassel,

ja da gehört se hin,

was soll die denn woannersder?

Das hätt doch keenen Sinn!

Documenta blievet in Kassel,

denn do is se zu Hus.

|: Und wenn die Roth was anners schwätzt,

dann redet sie halt Stuß:|

 

Der Veggie-Tag – ‘s ist jedem klar –

Stets Thema von den Grünen war.

Doch wird er jetzt (wie ich es seh)

Das von Kassels SPD.

Die fragt sich ja: „Was soll es nützen,

Amtsinhaber zu unterstützen?“

Der einst vor Jahren ganz dezent

Gewann mit gut 50 %,

kam so auf Anhieb auf die Stelle

als unser Oberbür-geselle.

Doch selbst ein Geselle hat ja längs(t)

Einen Hauch von Kompetenz.

Das darf nicht sein bei der Partei!

Das muß gleich weg, ganz einerlei.

Deshalb muß man die gleich ablegen

Und suchen stets nach neuen Wegen.

Drum soll’s der Veggie-Day nun richten

Und aktivieren Wählerschichten.

So stellt auf so ganz subtil,

diese Frau da, die Quark will.

Nota bene vor der Wahl:

Nachgemacht – das ist ‘ne Qual.

Wenn Rotes Grün wird überall,

wird’s meist auch pelzig – und zeugt von Verfall.

 

Ja, die Carqueville ist ein Phänomen,

das ich bisher konnt‘ nicht verstehen.

Auch kenn ich keinen in der Stadt,

der sie je gesehen hat.

Ja – Bilder gibt es zwar zuhauf

Doch das hält heute keinen auf,

denn mit banalem Photo-Shop

werden Bilder einfach top.

So kann man sie dann also sehn,

als würd sie auf dem Weinberg stehn.

So erscheint sie auch bescheiden

Am Wochenmarkte in Wehlheiden.

Aber langsam wurd mir klar:

Die Carqueville ist ein Avatar!

Da sammelt jemand ganz pervers

Wählerstimm’n im Metavers!

Am 12. März werden wir schauen,

wer diesen Avatar tat bauen,

der dann sich gibt dann elegant

und gibt dann allen gleich bekannt,

wer mit diesen Stimm’n die Wahl

hat gewonnen dieses Mal.

Das ist das Ende der Geschicht.

Doch eigentlich macht man so was nicht!

 

Jetzt meint man, Nancy sei der Fetzer.

Doch auch das sind dumme Schwätzer:

Da gibt’s ne Bessere, fürwahr!

Wen ich mein, ist allen klar:

Und so will ich gar nicht scherzen

Spitzenkandidatin aller Herzen

Ist die, über ich heut nicht läster:

Selbstverständlich unsre Ester!

Denn sie – das soll man nicht vergessen –

Repräsentiert das bess’re Hessen,

wo nicht vergor’ner Apfelsaft

so manchem seinen Rausch verschafft.

Denn da zeigt sich auch die Gefahr,

der Hessen stets ausgesetzt war:

Corona wütet weiter fort

In diesem Städtchen Frankfurt dort.

Denn der, der mag den Apfelwein,

wird stets positiv wohl sein,

denn dem fehlt auf jeden Fall

der Geschmackssinn überall!

Doch wir, mir ham de Ahle Worscht

Un au nen Schoppen für den Dorscht.

Jedoch sonst sind wir vergessen

In der Regierung hier in Hessen!

Das kann nicht sein, das geht nicht an:

Also Ester an die Spitze dran.

Wie Börner oder  Eichel-Hans

Gib der Regierung wieder Glanz!

Doch wenn du wählst Minister aus,

Dann sehe ich vorher (o Graus)

Es gibt dann auch Minister-Innen

(Dem kann man da wohl entrinnen)

Das Kabinett, das wird ganz klein:

Elf Menschen müssen es stets sein.

Nur paß auf, daß in dem Esterrat

Jeder ne Narrenkappe hat!

 

Jetzt ätzt er wieder – welch ein Glück!

Der Fullefischer ist zurück.

2020 war er nicht zu sehn.

Ja, was war denn da geschehn?

Morgens, wenn die Sonn aufgeht,

der Fullefischer auch aufsteht,

nimmt dann am Frühstückstische Platz

trinkt Kaffee noch mit seinem Schatz,

teilt sich mit ihr ne Heringsdos‘,

wischt mit Brot noch aus die Soß‘,

Und spricht zu ihr: „Ich muß nun gehen

Und mein Tagewerk versehen.“

‘S gibt noch nen Schmatz for sinne Hulle,

dann stratzt hä los – doch nich zur Fulle.

Nein, hä stratzt durch Flor‘ und Fauna

Und nahm Platz am Strand der Bauna.

Was hat ihn denn dazu getrieben?

Ich sage es euch, meine Lieben:

Ihm war natürlich ganz schnell klar,

wie gefährlich dieser Virus war,

der alle Welt an den Haken legte,

so daß sich mancher kaum noch regte

Jedoch – sagt sich der Angelmann –

Schau dir doch so nen Virus an,

So klein er ist, hat er doch auch

Seinen eig’nen Stolz im Bauch!

So macht sicher er den Bogen mal

Da unten rund um Baunatal.

Und als der Fullefischer – als ein Mann,

der stundenlang dasitzen kann –

Dort so in die Landschaft schaute,

in ihm sich manch Gedank aufbaute:

Ja, daß ich’s auch gleich erwähne

Der Fullefischer, der hat Pläne.

Ne Fischfangflotte will er gründen

(Der Antrag liegt schon in Hann. Münden).

Und deshalb wirbt er früh und spat

Für ein zweites Lützerath:

Erst einmal Bodenschätze heben

Und danach ein herrlich‘ Leben

(So steht es in seiner Kladde)

Auf der Baunataler Seenplatte.

Natürlich gibt er dann nicht Ruh,

nimmt Borken-Singlis noch dazu,

Und für die Flotte strebt er dann

Auch den Gang zur Börse an:

erhöht dann schnell das Kapital

und flutet auch noch Philippsthal

(was nicht so schlecht, in diesem Fall

Wird auch saniert die Winterhall).

Die Aktien sollen dann erbringen

Die Dividende in Heringen.

Und fängt er dann den Bauna-Wal

Gibt’s Freibier für den ganzen Saal.

Ich konnt‘ sofort den Minkler sehn

Klagend dort am Ufer stehn,

trauernd so in Sack und Asche,

in der Hand die Lambrusco-Flasche,

und so zieht er dann – genau –

als „heimatvertrieben“ durch Waldau,

trösten kann ihn nicht mal Fynn!

Und weil ich nun sein Pfarrer bin,

wollte ich ihm gerade raten:

„Mache lieber bess’re Taten:

Frag beim Fulllefischer an,

wie man sich beteiligen kann.

So bleibt dir auf jeden Fall

ein Erinnerungsstück an Baunatal.“

Dann sah ich diesen Probedruck

Und prallte ganz erstaunt zuruck

Der Minkler, der ist ja viel schlauer

Als so mancher Schwälmer Bauer.

So zeichnet er doch in der Tat

Hier unten schon als Aufsichtsrat!

 

Der Prinz und ihre Lieblichkeit

Waren niemals gern bereit,

Blumen für sich anzunehmen,

sondern ließen stets vernehmen

(und das ohne viel Geschwafel),

daß sie sammeln für die Tafel,

damit Menschen werden satt,

von denen mancher kaum was hat.

Der Armut wollt ihr helfen ab

Drum nehmt ihr gerne jede Gab.

Drum stürmtet ihr auch das Rathaus

Um abzuhelfen diesem Graus.

Jedoch gab die Kasse da nichts mehr her:

Nach dem Energiegeld war sie leer.

So müßt ihr leider weiter sammeln,

könnt nicht im Rathaus herumgammeln.

So zogt ihr dann erwartungsvoll

Zum Gottesdienst von diesem Stoll,

daß er euch Trost wohl dabei spende –

und so standet ihr am Ende

Vor der Kirch, erbatet dort

Mildtätig‘ Spende aus dem Ort,

da kam’n noch ein paar Euros raus.

Doch für’s End‘ der Not reicht das nicht aus.

So gibt’s nach guter alter Sitte

(Prinz, komm kurz nach vorne bitte)

als letzte Spende der Session

Von mir diesen Umschlag schon.

Macht Gutes hier für unsre Stadt,

die so viel zu geben hat.

Und wer bisher noch nichts gegeben,

macht das am Aschermittwoch eben.

 

Ja, die Jahre waren schwer

Und so wundert es nicht sehr,

daß manche Plätze nun leerstehen,

weil manche mußten von uns gehen:

Menschen, mit denen wir gelacht,

so manche Sitzung mitgemacht,

so manches Fäßchen ausgestochen

so manche Scherz haben verbrochen.

Ihrer wollen wir gedenken,

wollen ihnen Ehre schenken:

Darum: Auf von euren Stühlen!

Naht euch ihnen mit Gefühlen.

Dank sei ihnen überall

In der himmlischen Narhall‘!

[Trauermarsch]

Ich danke euch für das Gedenken

Ihr könnt euch auf die Stühle senken

Und dann euch machen ganz bescheiden

Zu Miterben von Jesu Leiden.

Er ging damals mit sich’rem Schritt

Und wir – wir gehen dabei mit –

Nach Jerusalem ging er hinauf

Wo Leiden warteten zuhauf.

So ist es auch in unsrer Zeit:

Leiden – die sind niemals weit.

Hanau und andrer Fremdenhaß

Die machen ständig Augen naß,

Und des Putins Kriegsmaschine

Wütet in der Ukraine

Der Krieg tat nicht Europa meiden:

So müssen viele Menschen leiden.

2022 – Zeitwende

Corona ist noch nicht am Ende,

Masken wir zwar nicht tragen müssen,

so gilt Vorsicht doch beim Küssen.

Viele mehr warf‘s aus den Bahnen,

als wir alle können ahnen.

Erdbeben in der Türkei

Vergessen sind sie nicht dabei.

Selbst Naturgesetze sind dahin:

England trauert um die Queen.

Und auch bei uns gibt es viel Leid.

Darum höret den Bescheid:

Nehmt euch aller Leiden an

Zeiget, daß man helfen kann.

Dann beide Seiten werden froh.

In Jerusalem war es auch so:

Nach des Karfreitags bitt’rer Pein,

ging Jesus zu den Toten ein

und erstand am dritten Tag,

worüber sich jeder freuen mag.

Denn damit ist das Leid besiegt,

der Tod selbst wird unter’kriegt,

Ostern erklingen dann wieder

Fröhlich lachend frohe Lieder.

So möge enden jeder Haß,

so möge überall sein viel Spaß,

soll weder Krieg noch Beben sein

und überall nur Sonnenschein.

Und auch Hoppeditzens Heer

Wird finden dann sein Grab wohl leer,

dann tönt es wieder hier im Bau

Alaaf und sicher auch Helau,

Ein letztes Mal vor Mitternacht

Sei dieser Gruß hier ausgebracht.

Noch einmal soll ertön der Schall

Ein letztes Mal in diesem Saal:

[Alaaf und Helau}

Nun ist es wirklich gleich so weit

Herr Präsident, nun ist es Zeit –

Beend‘ den Abend würdevoll.

Helau, Alaaf – es dankt Dirk Stoll!

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